Ruth David - eine Zeitzeugin erzählt...

Datum: 
Donnerstag, 28. Oktober 2010

2. Weltkrieg? Geschichte? - Wie langweilig! Doch am 28.10.10 war genau dieses Thema das aufregendste des ganzen Tages. Ruth L. David lebt in England und ist Zeitzeugin! Seit 2007 reist sie jedes Jahr nach Deutschland, um den vielen Einladungen der Schulen und ihrer Freunde nachzukommen, die um Gespräche und Lesungen mit und von ihr bitten. Auch die Melibokusschule hat sich um solche Treffen bemüht und so konnten die Schülerinnen und Schüler wie in den Vorjahren wieder den spannenden, sehr informativen und leider auch erschreckenden Erzählungen von Ruth David lauschen.
Man kann sich kaum vorstellen, was die vielen Lesungen und Gespräche bei ihr auslösen, alles wird wieder aufgewühlt, doch sie hat wieder einmal den Mut gefunden,uns von ihrer Geschichte zu erzählen - und das mit einerunglaublich starken Stimme. Man hört ihre klaren Worte, die von vielen einschneidenden Ereignissen erzählen,welche Ruth L. David sehr belastet haben müssen,und vertieft sich in bildliche Vorstellungen der damaligen Zeit. Doch auch dies lässt uns nur erahnen, was diese – damals 4 Jahre alte – Frau durchlebt hat. Als die Herrschaft Hitlers begann, war sie gerade mal ein Kind, doch sie musste den Hass einer ganzen Nation auf ihren Schultern tragen, die sie eigentlich als ihre Heimat ansah. Von so vielen gehasst und das nur, weil sie ihrem Glauben treu blieben.
Als sie uns von ihrem Leben erzählt, liegt eine unüberhörbare Traurigkeit in ihren Worten, die alles noch verdeutlicht.
Es fing ganz einfach an. Die Diskriminierung der Juden nahm immer mehr zu, erst langsam, dann schaukelte sich die Atmosphäre, die Hitler geschaffen hatte, immerweiter hoch – sie ging selbst auf die Kinder über. 'Lasst uns die Juden vertreiben!' - Dies war die Botschaft, die aus den unzähligen Überfällen und hässlichen Taten der deutschen Armee hervorging. 4 Jahre lang konnte Ruth ein normales Leben führen, bevor der Horror began. In Fränkisch-Crumbach verbracthe sie einen Teil ihrer Kindheit, auch in Mannheim wohnte ihre Familie für kurze Zeit. Mit 6 Jahren ging sie kurz zur Schule, bis jene judenfrei werden sollte und so mussten ihre Eltern etwas anderes für sie suchen. Doch kurz nachdem dies gelang, wurde ihr Schulbus angehalten und gewaltsam die Scheiben zerstört. Nicht lange darauf musste Ruth die schrecklichste Angst ihres Lebens durchleiden. Sie erinnert sich nicht gerne an den 10.November 1938, da sie in dieser Nacht die unmenschlichen Schreie ihrer Tante mitanhören musste, ihr gelähmter Onkel wurde in seinem Rollstuhl die Treppe hinuntergestoßen.
Die stark getroffene Familie zog also nach Mannheim und hoffte auf eine Ausreise in die USA, doch die Wartelisten waren zu lang. Als von England dann ein Angebot kam, Kinder für eine bestimmte Zeit aufzunehmen,nahmen Ruths Eltern jenes sofortin Anspruch. Drei Monate nachdem Ruth in England ankam, begann der Krieg Hitlers und es ist ein Wunder,dass ihre Geschwister gerettet werden konnten. So wuchsen alle 6 Töchter und Söhne in verschiedenen Ländern und ohne eine gemeinsame Sprache auf, was den Kontakt sehr erschwerte. 1942wurden Ruths Eltern in Auschwitz ermordet, sie schafften es nicht zu entkommen – von den 1000 Menschen im Lager überlebten drei.  1945 gab trotz des Kriegsendes ein schauriges Bild ab. Eineinhalb Millionen jüdische Kinder wurden umgebracht, nur etwa 10.000 wurden, wie Ruth L. David, gerettet, die uns heute von den Geschehnissen berichten können und wollen.
Nach der Lesung durften wir noch Fragen stellen, zum Beispiel, wie sie heute damit leben kann. 'Eigentlich ganz normal, das sind die guten Zeiten, doch es gibt auch schlechte Zeiten, in denen mich heute noch Dinge an meine Leiden erinnern.' Dann reißen die alten, doch tiefen Wunden machmal wieder ein wenig auf und sie ist wieder Opfer der damaligen Tyrannei. Ingesamt hat sie doch damit zu leben gelernt und kann wieder nach Deutschland kommen und jedes Mal fällt ihr dieser Besuch ein wenig leichter. Uns Schüler haben diese eineinhalb Stunden Geschichte sehr betroffen gemacht - alle Anwesenden.
Wir können uns nicht vorstellen, als Minderheit in einer Anarchie zu leben – wie soll so etwas funktionieren? Genauso wenig können wir uns vorstellen, dermaßen in Unterdrückung zu leben, wie es viele Juden damals mussten.
Vielen Dank an Ruth David,die sich so viel Mühe macht, um uns nachfolgenden Menschen von etwas zu erzählen, was nie wieder kommen soll!

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