Buchenwald

Datum: 
Sonntag, 23. Januar 2011

Anfang des Jahres 2011 fuhren die Abschlussklassen der Melibokusschule nach Weimar, um das in der Nähe liegende Konzentrationslager Buchenwald zu besuchen. Im Geschichtsunterricht hatte wir zuvor alle die Epoche des Nationalsozialismus behandelt, deshalb wollten wir dem unvorstellbaren Geschehen der damaligen Zeit näher auf den Grund gehen. Nach einer fast vierstündigen Fahrt kamen wir gegen 10:00 Uhr in Buchenwald an.
Zunächst wurde allen Gruppen ein Einführungsfilm zum „KZ-Buchenwald/Post Weimar" gezeigt, der einen kleinen Überblick über die Geschichte dieses KZs gab und in dem einige Zeitzeugen über ihre Erfahrungen berichteten. Danach stellte  sich unsere Betreuerin der Klasse vor und wir konnten unsere Erwartungen an diesen Tag äußern.
Spannend war der thematische Einstieg mit Bildern zur Geschichte Buchenwalds. Darunter gab es auch Zeichnungen ehemaliger Häftlinge, Originalfotos während der Haftzeit und Fotos, die die Befreiung zeigten. Aus mehreren Fotos und Zeichnungen sollte sich jeder von uns Schülerinnen und Schülern eines aussuchen und Vermutungen über das dargestellte Geschehen und das Entstehungsdatum äußern. Auf vielen Darstellungen waren abgemagerte junge Männer und Stacheldraht zu sehen. Manche Bilder zeigten aber auch das Konzentrationslager aus der Sicht der Nationalsozialisten. Zum Beispiel dienten Aufnahmen der Bibliothek Propagandazwecken und belegten nicht die Freizeitbeschäftigung der Häftlinge.
Die Häftlingszeichnungen zeigten vor allem die grausamen Verhältnisse und den Kampf ums tägliche Überleben. Jeder von uns konnte und sollte sich vor der Gruppe zu einem ausgewählten Bild äußern.
Nach diesen Aktivitäten gab es in der Mensa eine Stärkung und nach einer halben Stunde trafen wir uns erneut im Gruppenraum, um den Lageplan des Konzentrationslagers zu besprechen. Trotz schlechten Wetters brachen wir mit Regenschirmen zum Rundgang bzw. zur Führung auf.
Einige Gebäude der SS und des Militärs sind erhalten und restauriert. Sie dienen heute als Büros der Gedenkstätte, Café, Kino und Gruppenräume. Nach einem Blick auf den Bahnhof und Studienfahrt der 9. und 10. Klassen zur Gedenkstätte Buchenwald 139 die Rampe kamen wir zur Registratur. Dort bekamen die Häftlinge damals ihre Nummer und dort saß auch der Leiter in seinem Büro. Auf einem Kiesweg kamen wir am ehemaligen Bärengehege vorbei zum Stacheldraht des Häftlingslagers. Doch zuvor wurden wir in einen Raum geführt, in dem wir uns kurz aufwärmen und außerdem ein Modell, das ein Ex-Häftling gebaut hatte, anschauen konnten. Dort bestand die Möglichkeit genauere Fragen zu stellen. In diesem Zusammenhang erfuhren wir auch etwas über die Person Karl Kochs, des Lagerleiters von Buchenwald, der mit seiner Frau und den Kindern vor dem Stacheldraht spazieren ging und das Bärengehege besichtigte.
Die nächste Etappe führte zu den Einzelhaftzellen - enge Zellen mit Holzpritsche, in denen die Häftlinge auch zu Tode gefoltert wurden.
Auf dem Rundgang kamen wir durch das uns durch Abbildungen bekannte Eingangstor mit der Aufschrift „Jedem das Seine“ (welche man nur von innen lesen konnte) weiter ins Innere des Lagers. Vom Lager selbst ist nicht mehr viel zu sehen. Die Grundrisse der einzelnen Baracken sind aber durch dunkle Steine gekennzeichnet. Unser erstes Ziel war zunächst eine Gedenkplatte, die immer die Körpertemperatur eines Menschen (37 Grad) hat. Sie führt alle Länder auf, aus denen Menschen nach Buchenwald kamen, die dort gequält wurden bzw. gestorben sind.
Nach diesem andächtigen Moment gelangten wir an einen besonders schrecklichen Ort. Wir standen im Hofe des Krematoriums, wo vor ca. 65 Jahren Leichen einfach abgelegt wurden und liefen durch die Pathologie, mit noch erhaltenem Seziertisch, in einen Raum mit mehreren Öfen. Hier wurden die Leichen der Gefangenen verbrannt.
Frau Hofmann berichtete uns von der makabren Art, wie diese Verbrennungen abliefen. Mehrere Leichen wurden teils verstümmelt und direkt in die Flammen geworfen. Ein Kellerraum direkt unter diesem Gebäude zeigt, wie manche Häftlinge an Haken erhängt und erschlagen wurden. Viele Haken sind noch sichtbar in der Wand verankert. Auf dem Weg raus aus dem Krematorium kommt man noch durch einige Räume, in denen eine Genickschussanlage eingebaut war. Hier wurden vor allem sowjetische Kriegsgefangene getötet.
Bei einem vorgetäuschten Arztbesuch mussten sich die Menschen zunächst aller Kleidung entledigen; dann wurden sie bei der Messung ihrer Körpergröße auf ein Klopfzeichen hin direkt durch eine Kugel in den Hinterkopf erschossen. So wurde einer nach dem anderen getötet.
Diese unvorstellbare Grausamkeit machte uns sprachlos. Es war gut, dass wir nun in kleinen Gruppen über das Gelände laufen konnten. Es gab genug zu überdenken. Einige von uns schauten sich die Außenanlage, andere das Museum genauer an. Wer bei diesem Besuch nicht realisieren konnte, was damals alles geschah , wie Menschen behandelt und wie verbrecherische Ziele verfolgt wurden, hat etwas Wichtiges nicht verstanden. Erinnerung ist wichtig, um neue Grausamkeiten zu verhindern.

Helene Paul, Selma Uhrig


Nachtrag zur Geschichte des Lagers Buchenwald:
Das Konzentrationslager Buchenwald wurde von Juli 1937 bis April 1945 unter der Kontrolle von Karl Koch als Arbeitslager aufgebaut. Buchenwald ist ein Stadtteil von Weimar und war die Hauptstadt des Landes und des NSDAP-Gaues Thüringen. Es gibt viele Verbindungen nach Weimar. Im Krematorium der Stadt werden bis
1940 etwa 2000 Leichname verbrannt.
Am 15. Juli 1937 kamen die ersten Häftlinge vom Konzentrationslager Sachsenhausen nach Buchenwald. In den darauffolgenden Wochen trafen immer mehr vermeintlich „schlechte“ Menschen wie z.B. Vorbestrafte, Kriminelle, Widerständler, Zeugen Jehovas und vereinzelt Homosexuelle ein. Diese Menschen mussten Wälder roden, Kanalisationen und Stromleitungen legen sowie Garagen, Kasernen, Wohnhäuser und Baracken bauen. Gegen Jahresende befanden sich bereits 2561 Gefangene auf dem Ettersberg .
Im Februar 1938 wurde der unter den Häftlingen als Zellenbau bekannte Bunker zur Folter- und Mordstätte unter der Führung des SS-Aufsehers Martin Sommer errichtet. Zwei Monate später, im April, beginnt die Massenverhaftung von Tausenden Obdachlosen, nicht Sesshaften und Arbeitsverweigerern.
1938 erreichte die öffentliche Gewalt gegen Juden einen traurigen Höhepunkt. Viele von ihnen werden in das Konzentrationslager eingewiesen. Allein in Buchenwald ermordete die SS 1938/39 Tausend Juden.

Nun beginnt die Deportation von Juden aus anderen Länder in das Konzentrationslager. Es kommen die ersten Österreicher ins Lager, darunter viele Prominente jüdischer Herkunft. Im November werden über 10.000 Menschen im Konzentrationslager Buchwald gefangen gehalten. Nach Kriegsbeginn werden Roma, Tschechen, Polen und mehr als tausend Juden eingeliefert. Polen und Juden wurden in Sonderlager untergebracht, wo es noch menschenunwürdiger zuging. Nur wer arbeiten kann, darf leben; doch viele Arbeiten führen zur Erschöpfung oder zum Tod. Zehntausende werden wie Schlachtvieh mit der Bahn nach Buchenwald transportiert mit dem Ziel ihrer Vernichtung durch Arbeit. Ab Sommer 1940 wurde ein eigenes Krematorium benutzt, um die getöteten Menschen schnell zu verbrennen. Aber selbst den Toten zog man noch die Goldzähne! Maximale Ausbeutung der entrechteten Häftlinge war die Aufgabe. Vom 5. Bis 12. Juli 1941 wurden polnische und jüdische Häftlinge aus Dachau nach Buchenwald verlagert, die an Tuberkulose Erkrankten bekamen, s  tt ärztlicher Hilfe, eine tödliche Injektion. Im September 1941 ermordete die SS im Schießstand der Deutschen Ausrüstungswerke neben dem Lager etwa 8000 sowjetische Kriegsgefangene durch Genickschüsse. Ende 1943 betrug die Lagerstärke 37.319, darunter waren 14.500 Russen, 7500 Polen, 4700 Franzosen sowie 4800 Deutsche und Österreicher. Ein Jahr später, Jahresende 1944, hielt man in Buchenwald und seinen Außenlagern sogar 63.048 Männer und 24.210 Frauen gefangen. In diesem Jahr starben allein 8644 Häftlinge. Im Februar 1945 war Buchenwald mit 112.000 Gefangenen das größte noch bestehende Konzentrationslager. Als die Befreiung schon greifbar nah ist, treibt die SS noch Tausende auf Todesmärsche.
Am 11. April 1945 erreichte die US-Armee das Lager, es konnten 21.000 Menschen befreit werden. Seit Jahresbeginn bis zum 11.April 1945 starben noch einmal 13.969 Menschen in Buchenwald. Aber selbst nach der Befreiung ging das Sterben durch Erschöpfung noch weiter.

Helene Paul, Selma Uhrig

Thema: 
Impressum Entwicklung und Umsetzung: Computer Development & Consulting