Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!
Sechs Uhr morgens. Nebliges, nass-kaltes Wetter, es ist noch stockdunkel und die 10a der Melibokusschule steht gut gelaunt, jedoch noch etwas verschlafen vor der Schule. Das passt alles nicht zusammen? Doch, denn auf die Berlinfahrt freut man sich schon lange und nun, am Mittwoch, den 9.2.2011, ist es endlich soweit. Die acht Stunden im Bus wollen zwar nur langsam verstreichen, aber mit unterhaltsamen Filmen, Musik und Gesprächen lassen sich auch die überwinden. Gegen Mittag um zwei erreichen wir unser Hotel in Hohenschönhausen und werden in die Hausordnung eingewiesen. Anschließend haben wir etwas Zeit, uns in den Vier- bis Sechsbettzimmern einzurichten. Mit der S-Bahn am Alexanderplatz landend beginnen wir einen Rundgang durch Berlin und nicht nur das Rote Rathaus, der Fernsehturm und der Brunnen mit Meerjungfrauen und verschiedenen Meerestieren, sondern auch die ehrfurchterregenden, alten Gebäude der Museumsinsel und das verwirrende System der Hackeschen Höfe wirken sehr beeindruckend auf uns „Provinzler“.
Dann werden wir in Kleingruppen in die Weiten des nahezu grenzenlosen Berlins entlassen. Am Donnerstag machen wir begeleitet von einem Stadtführer eine Rundfahrt durch Berlin in unserem Bus und erfahren auf diese Weise einige Hintergrundinformationen bezüglich der Architektur im östlichen beziehungsweise westlichen Teil Berlins. Wir besuchen ein Museum, in dem verschiedene Modelle Berlins ausgestellt sind (ein Geheimtipp unseres Stadtführers), schauen uns auf dem Bücherverbrennungsplatz um, der in dieser Funktion im Dritten Reich verwendet wurde und sehen so zumindest von außen viele Sehenswürdigkeiten in Berlin, ohne unsere Beinmuskeln überstrapazieren zu müssen. Die Rundfahrt endet im Regierungsviertel und wir kommen nun zum eigentlichen Grund unserer Fahrt: dem Besuch des Bundestags. Nach einer eingehenden Sicherheitskontrolle und von einem Mittagessen gestärkt, haben wir ein Gespräch mit einer Bundestagsabgeordneten der Linken Fraktion, Frau Leidig. Sie stellt sich zunächst vor, anschließend informiert sie uns auf Nachfragen über ihre Standpunkte zu aktuellen politischen Themen. Später hören wir Beiträge der Abgeordneten im Plenarsaal und dürfen dann in der Glaskuppel nach oben laufen und auf das bereits dämmrige Berlin hinunterschauen.
Die Gruppe bewegt sich nun, die verschiedenen Eindrücke verarbeitend auf den Potzdamer Platz zu. Wir halten kurz am Brandenburger Tor. Das Denkmal, das an die jüdischen Opfer während des Dritten Reichs erinnert, wird hingegen eingehender betrachtet. Auf dem Potsdamer Platz können wir nun noch einmal einen Teil der Berliner Stadtgeschichte, die Berliner Mauer, bewundern, vor allem aber die bunte, enorme Ansammlung von Kaugummis, die liebevoll drangeklebt wurde, ist sehr eindrucksvoll.
Erneut löst sich die Gruppe auf und wir dürfen Berlin auf uns gestellt entdecken, beziehungsweise uns von der Stadt verabschieden, denn am nächsten Tag ist Abreise angesagt. Das heißt jedoch nicht, dass damit unsere Bildungsreise beendet ist, denn am Freitag werden wir von einem ehemaligen Häftling durch das StaSi-Gefängnis
geführt, das sich praktischerweise nicht weit von unserem Hotel befindet. Hier bekommen wir einen Einblick in die Abgründe des Menschen. Die Foltermethoden physischer
und psychologischer Art, die er sich hat einfallen lassen, die Berechnungen, die er über die Reaktionen seiner Mitmenschen anstellen kann... Das ist schon sehr beachtlich! Dunkle Zellen, in denen man jedes Gefühl für Zeit und Raum verliert, auf die Stirn herabtropfendes Wasser, was einen auf die Dauer wahnsinnig macht, stetiger Sauerstoffmangel in einem sehr kleinen Raum, in dem man nur sehr beengt stehen kann, Schlafentzug... Ja tatsächlich, der Mensch ist sehr erfinderisch. Aber der ständige Psycho-Terror, dem die Gefangenen während eines Verhörs ausgesetzt waren, muss von ganz besonderer Güte gewesen sein: „Wie?... aha... ja...mmh. Wissen Sie, ich habe gerade einen Anruf bekommen: Ihre Mutter ist gestorben.“ Da brauchte man wohl entweder Nerven wie Drahtseile oder ein Drahtseil, um sich aufzuhängen. Nun erarbeiten wir in kleinen Gruppen noch Vorträge, die die Informationen, die wir während dem Rundgang erhalten haben, zusammenfassen und auch gleich an Ort und Stelle gehalten werden.
Aus den Gefängnismauern hinaus geht es sofort in den Bus in Richtung Alsbach. Zusammenfassend kann man sagen, dass wir von diesem Besuch nicht nur unsere Koffer mitsamt Inhalt wieder nach Hause mitnahmen, sondern auch einen ganzen Berg Eindrücke, mindestens zwei große Koffer neu gesammelten Wissens und natürlich den obligatorischen Schlafnachholbedarf, den man so für gewöhnlich aus Berlin mitbringt.
Sophia Meyer






